Entlang der Küste

Entlang der Küste

Südlich von Puerto Madryn befinden sich viele Strände, bei denen man Robben, See-Elefanten und Pinguine besuchen und beobachten kann. Wir liessen keinen aus – jeder hatte «das spezielle Etwas». Manche waren nur mit einer Führung erlebbar, andere wiederum völlig individuell.

Bei einer Robbenkolonie in einer kleinen Bucht mit sehr wenig Sandstrand, war viel los. Es herrschte grosser Lärm. Waren es Kämpfe um den besten Schlafplatz im Sand oder loteten da «Halbwüchsige» ihre soziale Stellung aus? Vielleicht testeten Männchen auch ihre Autorität. Unmittelbar über dem Strand hatten sich Kormorane in den Felslöchern niedergelassen. 

Die Begegnungen mit den See-Elefanten waren besonders eindrücklich. 10 Meter etwa beträgt die Fluchtdistanz und so kamen wir ihnen ganz nah. Sie von Robben zu unterscheiden ist gar nicht so einfach – die See-Elefantenmännchen bekommen erst mit dem Älterwerden ausgeprägte Nasen. Sie sind aber deutlich grösser als Robben. Die Estancia La Antonieta bot eine Führung an mit einer jungen Rangerin zur See-Elefantenkolonie. Wunderbar, mit einer Expertin diese Tiere zu beobachten. Durch den Schutz auf dem privaten Grundstück sei die Kolonie innerhalb von etwa 10 Jahren von 2 auf 200 Tiere gewachsen. Ein Einzelner kann also schon etwas bewirken. Auf dem Rückweg zum Auto – etwa nach 2 Stunden beobachten – ist die Rangerin fast über ein ausgewachsenes Exemplar gestolpert. Einen Schritt vor dem Draufstehen hat der See-Elefant laut aufgeschrien und geknurrt.  Er hatte die gleiche Farbe wie die umliegenden Feldbrocken…

Auf dieser Estancia hatten wir uns für eine Nacht ein Zimmer genommen zum «Ausgespannen». Dort wurden wir auch kulinarisch verwöhnt. Und weil es grad so gepasst hat, haben wir uns nach einigen Jahrzenten wieder mal auf einen Pferderücken geschwungen. Reiten kann man das nicht wirklich nennen, eher Schaukeln auf Pferd. Aber wir haben unser wichtigstes Ziel erreicht: Wir sind beide oben geblieben…

Bei der ersten Kolonie von Magellan-Pingus hofften wir, Neugeschlüpfte zu entdecken. Doch waren wir zu früh: Sie waren noch am Brüten. Bei der zweiten hatten wir aber Glück: Zwei Nester mit soeben geschlüpften Chicks konnten wir vom Weg aus entdecken!  War gar nicht so einfach, denn sie wurden von einem Elternteil gut abgeschirmt. Mit gutem Grund: die Möwen flogen ihre Angriffe auf die Nester fast pausenlos.

Auf dem Weg nach Süden kamen wir auch in Rawson, einem Ort walisischer Herkunft, vorbei. Dort soll es die Tradition der Teatime noch geben mit speziellem Kuchen aus der Heimat. Gemäss Überlieferung hat man in Wales aber noch nie etwas von diesem Rezept gehört. Grauenhaft war die Zufahrt zur Stadt auf der RP1: Abfallberge überall, wo das Auge hinblickte. Bewusstsein für die Umwelt sieht anders aus.

Übernachtet haben wir in diesen Tagen wild: einmal auf einem Strandparkplatz, nachdem wir ausgiebig die Sonne am Strand genossen hatten, mehrere Male in den Dünen, fast unsichtbar von der Strasse aus. Herrlich! Freiheit pur 😊.

Anfänglich kamen wir sehr gut voran auf der RP1. Der letzte Abschnitt hingegen verlangte doch einiges von Rubi. Mit Allrad, manchmal im Schritttempo, durch ausgetrocknete Bachbette, mit unzähligen Tiergattern, die geöffnet und wieder geschlossen werden mussten. Wofür hat man sonst einen Copiloten? Entschädigt wurde wir durch die interessante Landschaft und die Tiere, die wir auf der Strasse angetroffen und in die Flucht getrieben haben:  Fuchs, Nandus, Pferde, Schafe, Guarnacos, natürlich inklusive unzählige Jungtiere.

Eine Stelle war besonders makaber: da hing ein ganzes Schaf an einem Zaun neben der Strasse. Die blutige Stelle, an der es von seinem «Jäger» gerissen worden war, war gut sichtbar. Daneben war ein Fuchs gehäutet auf den Zaun aufgespiesst. Wem galt dieser Hinweis ?

Die Landschaft war übrigens noch karger geworden. Niedriges Gebüsch – knorrig und fast kaktusartig – bildete Inselchen im Sand – fast wüstenartig.

Nach den Tagen mit wildem Camping genossen wir wieder mal die Infrastruktur eines Campings in Comodoro Rivadavia während 3 Tagen. Dort konnten wir uns mit neuem Proviant eindecken. Wir fanden sogar Wanderschuhe! Nun sind wir also für weitere Exkursionen gerüstet.

 

Nach weiteren 200 Km gegen Süden erreichten wir Puerto Deseado. Der Besuch der Pinguin-Islands erwies sind als weiterer Höhepunkt an der Ostküste. Nach wildem, 40minütigem Ritt in einem Zodiac-Schlauchboot konnten wir auf der menschenleeren Insel sowohl Magellan-Pinguine mit ihren Jungen besuchen, als auch eine Kolonie von Felsen-Pinguinen, der einzigen Kolonie ausserhalb der Antarktis. Es ist schon super, mitten in einer Kolonie zu sitzen und die Pingus zu beobachten, wie sie elegant und geschickt über das felsige Gelände hüpfen.

Eine Vogelart hatte offensichtlich weniger Freude an unserem Besuch. Auf dem Weg zurück zum Landeplatz kamen wir zu nah an ihren Nestern vorbei. Obwohl von der Rangerin vorinformiert, konnten wir fast nicht glauben, was passieren würde: Sie flogen pausenlos Angriffe auf unsere Köpfe. Es hiess also aufpassen und bei jedem Angriff die Arme hochheben, um sich so noch grösser zu machen. Wer das nicht tat, der bekam vom Vogel mit dem Flügel eine «Kopfnuss mit Anlauf». Nicht lebensgefährlich, aber unangenehm.

Den Mittagslunch gab es am Strand in unmittelbarer Nähe zu den Seelöwen, die einen Jungtiere, die anderen Männchen, die dieses Jahr kein Harem bilden konnten und auf ihre nächste Chance warten. Auf der etwas ruhigeren Rückfahrt kamen wir ganz nah an einem kleinen Felsen vorbei, der aus dem Wasser ragte. Hunderten von Robben lagen auf dem Felsen beim Sonnenbaden oder waren im Wasser beim Jagen und Spielen. Sie waren sehr neugierig und verfolgten unser Boot im Rudel. Super, wie die kleinen Köpfe auf dem Wasser ragten, wie sie uns mit ihren grossen «Glubbschaugen» beobachteten und wie die eleganten Schwimmer wieder verschwanden.

Auch die Delfine wollten die Show nicht ganz den Robben überlassen und beehrten uns mit ihrem Besuch. Mal vorne, dann hinten, dann links – oder rechts? Und jedes Mal veränderten 17 Personen ihre Position wie auf Kommando und verlagerten so in diesem relativ kleinen Gummiboot das Gewicht… Wir sind zum Glück nicht gekentert.

Zurück auf festem Boden gönnten wir uns einen feinen Kaffee in der nahen Panedería und fuhren zur 80Km entfernten Cabo Blanco mit Leuchtturm auf dem Felsen. Links und rechts davon lag Kieselstein-Strand. Und in der Mitte erstreckte sich eine Ebene mit gelbem Gras. Wir platzierten Rubi im Windschatten des Felsens. Das entpuppte sich als Illusion, denn der Wind wurde später viel stärker und änderte die Richtung. Rubi jedenfalls sah aus wie ein gelandetes Raumschiff. In unseren hellgrünen Daunenjacken gegen den kalten Wind fühlten wir uns auch wie Marsmenschen, die ihre Umgebung zum ersten Mal erkunden. In unserer «Kapsel» war es wesentlich gemütlicher, und so bearbeiteten wir die Fotos und verfassten den vorliegenden Blog – immer mal wieder durchgeschüttelt durch heftige Sturmböen – und genossen die Abgeschiedenheit.

PS:

Also ich würde auch gerne mal wieder zu Wort kommen. Da schicken mich meine zwei Untermieter auf eine fünfwöchige Atlantikreise. Kaum müssen sie selbst den festen Untergrund aufgeben und in ein Boot klettern, bricht am Vortag schon Panik aus – und das für läppische 40 Minuten Was und wieviel «einwerfen» gegen das Seekrankwerden und wann? Wann aufstehen und was frühstücken? Und vor allem, was anziehen!!! Um 6 Uhr, also 2 Stunden vor Abfahrt, hat es dann wieder gerumpelt in meinem Bauch. Die Zwei waren so nervös, dass sie schon eine halbe Stunde vor der vereinbarten Zeit «zum Boarding» bereit waren, eingepackt wie Astronauten in Fleecejacke, Windstopper, Windjacke, Daunenjacke und Schwimmweste. In dieser Reihenfolge! Und als es dann los ging, war nichts mehr zu hören von «ruhiges Meer und kaum Wellen», wie vom Tour-Veranstalter am Vortag versprochen: Die Schwimmwesten schienen überlebenswichtig zu sein. Wie auch immer: das Boot brachte meine zwei Untermieter nach 7 Stunden fröhlich und gelöst wieder zurück…

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