Stadtrundgang

Stadtrundgang

Wir nähern uns dem Ende unseres Aufenthalts in Buenos Aires. Da ist es höchste Zeit, Euch Daheimgebliebene zu einem Stadtrundgang einzuladen. Nach einem ziemlich heftigen Gewitter ist es jetzt trocken und sonnig. Lassen wir noch den «Recyclierer» an uns vorbeifahren. Das ist ein fahrender Abholdienst mit Megaphon, der täglich (auch Sonntags!) ankündigt, er kaufe alles, was Andere nicht mehr benötigen. Weil er so regelmässig kommt, kann man alles bereitstellen und am nächsten Tag auf ihn warten. Irgendwie auch praktisch, oder nicht? Wenn nur das Megaphon nicht wäre…  Nun denn: «Los geht’s».

Nach dem doppelten Verriegeln der Wohnungstüre brauchen wir den Schlüssel noch für die Haustüre, denn die ist immer abgeschlossen. Das Sicherheitsbedürfnis ist gross. Schon nach den ersten Schritten auf dem Trottoir weichen wir Hundedreck aus. Es gibt unglaublich viele Hunde hier. Die Hundehalter sammeln den Dreck ihrer Lieblinge meistens auf, aber eben nicht alle. Es gilt aber auch, die Unebenheiten und Löcher auf den Trottoirs zu sehen, sonst wird es gefährlich. Flanieren sieht anders aus. Jeder Hauseigentümer scheint selbst verantwortlich zu sein für den Zustand seines Trottoirs. Viele der Strassen sind Einbahnstrassen. Doch Achtung beim Überqueren: Manche haben einen Velostreifen auf einer Seite für beide Richtungen. Man schaut mit Vorteil nach links und rechts, bevor man auf die Strasse läuft.

Es lohnt sich, ab und zu den Kopf zu heben und den Kabelsalat zu bestaunen, der bei fast jedem Haus in dicken Strängen der Fassade entlang vom Dach (auch über 12 Stockwerke) zum Parterre führt. Der Abstand zwischen den Hochhäusern ist manchmal so schmal, dass man dem gegenüberliegenden Nachbarn fast die Hand reichen könnte. Sind das Beispiele für verdichtetes Bauen in Lateinamerika?

Unser erstes Ziel ist der Hypódrome im Stadtteil Palermo. Leicht zu erkennen, dass die Argentinier Pferderennen lieben. Ist es Zufall, dass sich im Untergeschoss mehrere Spielkasinos befinden?

Danach bewundern wir die «Floralis Genérica» des argentinischen Bildhauers Ecuardo Caralano, eine riesige Blume aus Aluminium und Stahl im Zentrum des Parks bei der Facultad de Derecho. Sie öffnet sich morgens um 8 Uhr und schliesst sich in der Abenddämmerung. An Feiertagen «blüht» sie rund um die Uhr.

 

Weiter – mitten in der Stadt – geht’s zum berühmten «Recoletta Cemeterio», dem Friedhof mit ausnahmslos üppigen Familengräbern von wohlhabenden Porteños. Auch ein Zeichen des grossen Wohlstands aus vergangenen Zeiten, denn jedes Grab kostet ein Vermögen. Hier ruht auch Evita Peron, deren Gedenktafel noch immer mit Blumen geschmückt ist.

Unser Rundgang führt uns zum Ateneo «Grand Spandid», einem ehemaligen Theater, das nun als reichhaltige Bibliothek mit Buchhandlung dient. Das Café auf der Theaterbühne und die Lesenischen auf den Balkonen laden wirklich zum Verweilen ein.

Natürlich darf ein Besuch des Teatro Colon nicht fehlen, einem hufeisenförmigen Konzertsaal mit 6 Balkonen. Er wurde aufwendig und wunderschön renoviert und ist auch wegen seiner Akustik weltweit sehr geschätzt. Wir hatten das Glück, die Oper «Don Pascuale» sehen und hören zu können. Und wirklich: Die Akustik ist fantastisch. Gleichzeitig war es auch eine zweieinhalbstündige Spanischlektion, denn der italienische Gesang wurde auf der elektronischen Anzeige auf Spanisch übersetzt…

Am Obelisco vorbei gelangen wir zur «Casa Rosada», dem argentinischen Regierungssitz an der Plaza de Mayo…

… und danach zum Puerto Madero, einem neuen Quartier, dem alte Hafenanlagen weichen mussten. Hier reiht sich ein Restaurant neben das andere, sowie Läden und Wohnungen – alles der gehobenen Preisklasse.

Über die Brücke «Puente de La Mujer» von Calatrava führt uns der Weg zur «Reserva Ecológica» am Ufer des Rio Plata. Dieser wunderschöne Naturpark ist vor 30 Jahren zufällig aus einer Bauruine heraus entstanden. Auch hier sollte ein neues Quartier entstehen, doch schon nach einem Jahr gingen den Initianten das Geld aus. Während dem jahrzehntelangen Baustopp schwemmte der Rio Plata Humus an das Ufer und ermöglichte so der Natur, den Raum zurückzuerobern. Der Park ist wirklich eine Naturoase. Stille sucht man aber auch hier vergeblich, denn was über Räder oder Beine verfügt verbringt seine Freizeit hier.

Argentinien bedeutet Fussball und die Boca Juniors sind einer der Topclubs von Buenos Aires. Deren Stadion, die «Bonbonera», liegt Im Hafenquartier «La Boca». Geht man daran vorbei, landet man bei einer weiteren Touristenattraktion: Der «Caminito», einem kurzen, schmalen Strässchen in einer kleinen Fussgängerzone mit Restaurants, farbigen Häuschen, Fassadenmalereien und Souvenirverkäufern. Interessant, aber: Cuídate! Wo Touris sind, sind die Langfinger nicht weit. Man halte drum fest, was einem wichtig ist.    

Zurück geht’s durch das Quartier San Telmo mit seiner alten Markthalle und der Plaza Dorego. Wer bisher unterwegs noch keine Tangotänzer gesehen hat, wird hier welche antreffen. Natürlich wie immer versehen mit dem Sammelhut.

Zum Abrunden des Rundgangs sollte ein Besuch einer «Milonga» nicht fehlen. Ein kleiner Eintrittspreis und schon kann man an einem der Tischchen rund um eine Tanzfläche Platz nehmen, Tangomusik geniessen und die Leichtigkeit und Eleganz der Tangotänzer bewundern. Bald scheint die Seele ein wenig mitzutanzen. Zuerst sieht es aus wie das Tanzen von eingespielten Paaren. Aber dann ist Tanzpause, in der sich die Paare auflösen und neu formieren und man erkennt, dass Viele allein gekommen sind, um zu Tanzen. Junge und Junggebliebene. Spannend ist die Art, wie hier aufgefordert wird: Nur mit Augenkontakt oder Kopfbewegung. Porteños sind eben zu stolz, sich einen Korb zu holen. Auffordern ist ausschliesslich Männersache. Klar ist: wer gut tanzt, bleibt kaum lange sitzen.

Hier im Bild ist Nito Garcia zu sehen, eine Tangolegende, der heute mit 83 Jahren immer noch Tango auf höchstem Niveau unterrichtet.

Hat Euch auf unserer Tour d’Horizon etwas gefehlt? Etwa ein Abstecher zur Meerespromenade? Eine Prise Meeresluft? Ja, Ihr habt recht, die fehlt uns auch. Leider gibt es keine Strandpromenade. Der Zugang zum Wasser ist total verbaut.

Nach einem solch ausgiebigen Stadtspaziergang wünscht man sich natürlich eine ruhige Nacht. Die wird aber täglich unterbrochen von der Kehrichtabfuhr – in unserem Quartier etwa um 23Uhr. Und wenn man Glück hat, beginnt in einer gegenüberliegenden Wohnung keine Party, die um Mitternacht beginnt und bis zum Morgengrauen dauert… Und sind alle zu Hause wird der Hund vis-à-vis auf den Balkon gesperrt. Von dort aus kläfft er jedem vorbeilaufenden Vierbeiner nach…

Bald werden wir Buenos Aires verlassen in Richtung Montevideo. Dort werden wir den Spaziergang dem Meer entlang an der Rambla nachholen können…

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